Bild Armutsfalle

Armutsnetzwerk sieht klaren Paradigmenwechsel in der Bekämpfung von Armut

Das Vorhaben der Bundesregierung zur Neuregelung der Mindestsicherung bringt klare Nachteile für kinderreiche Familien und Migrant*innen. Mit der Koppelung von Sprachkenntnissen an Sozialleistungen – bei vorausgehender Kürzung von Sprachförderungsmaßnahmen – verpasst sich die Regierung wohl bewusst ein Hardliner-Image, anstatt dringend notwendige Integrationsmaßnahmen zu setzen. 

Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung dient vor allem der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Das aktuelle Vorhaben der Bundesregierung erhöht diese Gefahren für eine erhebliche Zahl an Menschen in unserem Land. Die Reduzierung auf EUR 863,00 und die massive Herabsetzung der Mindeststandards für Kinder sowie die Absenkung von Leistungen für bestimmte Bevölkerungsgruppen erhöhen diese Gefahren und beeinträchtigen die Chancen von Personen in schwierigsten Lebenssituationen. Wo bleiben die Unterstützungsangebote wie etwa soziale Betreuung, Qualifizierung, Deutschkurse, sodass diese Menschen einen Weg aus der Mindestsicherung wieder zu finden. Hier gäbe es mehr als genug zu tun.

Kinder – vor allem in Mehrkindfamilien – verlieren ihre Chancen auf Teilhabe: in der Schule im Kindergarten. Ihre Bildungschancen schwinden und damit auch ihre berufliche Zukunft und als Teil unserer Gesellschaft.

B1-Deutschniveau ist große Hürde

Die drastische Kürzung für Personen ohne Pflichtschulabschluss bzw. ohne Deutsch- oder Englischkenntnisse auf lediglich 560 Euro monatlich, grenzt ganze Personengruppen und Generationen aus und spaltet die Gesellschaft nachhaltig. Entgegen der Zielrichtung des Gesetzes wirkt sich auch die 5-jährige Wartefrist sehr negativ für die betroffenen Personen aus. Diese Regelungen halten wir für sehr problematisch, denn sie gefährdet den sozialen Zusammenhalt und nimmt gerade denen Integrationschancen, die sie besonders benötigen.

Die Besserstellung von Personen mit Behinderung kann erst klar erkannt werden, wenn die Detailregelungen zum Begriff Behinderung bekannt sind.

„Das Bisschen reicht jetzt schon nicht zum Leben – höchstens zum notdürftigen Überleben. Kultur und Gastfreundschaft können wir unmöglich pflegen. Wenn ich einen Freund einlade, muss ich selber auf eine Mahlzeit verzichten. Für die Kinder ist es noch viel schlimmer, keine Freundschaftskontakte pflegen zu können. Das Mindeste darf nicht gekürzt werden!“ sagen Vertreter*innen von der Betroffenen-Plattform „Gemeinsam gegen Armut und Ausgrenzung“.

Zur Orientierung: Die geplanten Leistungshöhen im Rahmen der Mindestsicherung neu (863 bzw. 563 Euro netto pro Monat) liegen weit unter der Armutsgefährdungsschwelle, denn diese liegt aktuell bei Euro 1.238 netto für einen Einpersonenhaushalt. Die aktuelle Debatte treibt daher die armen Menschen noch weiter in die Armut und erhöht den Druck auf all jene, die an oder knapp vor dieser Schwelle stehen. Das soziale Klima in Österreich wird rauer, das ist angesichts der gut Arbeitsmarkt- und Wirtschaftslage und der eigentlichen Leistbarkeit einer guten sozialen Sicherung mehr als bedenklich.

Rechtssprechung muss Basis für Gesetzesvorlagen sein

Das Armutsnetzwerk Oberösterreich fordert, dass die Entscheidungen der Höchstgerichte bezüglich diverser Gesetzwidrigkeiten von Mindestsicherungsgesetzen Berücksichtigung finden, Grund- und Menschenrechte vollständig berücksichtigt werden und das eigentliche Ziel des Gesetzes zur Wirkung kommen kann: Ermöglichung und Sicherstellung eines menschenwürdigen Lebens sowie die damit verbundene dauerhafte Einbeziehung in die Gesellschaft  (§ 1 BMSG-OÖ).

Sozialplattform

Die Sozialplattform ist ein regionales Netzwerk von Sozialeinrichtungen in ganz Oberösterreich, das 1985 gegründet wurde. 38 Vereine und gemeinnützige Unternehmen sind zurzeit Mitglied. Vernetzung, Service, Information und Vertretung für eine starke und aktive Sozialszene in OÖ. www.sozialplattform.at