Zeitungsstapel

Verzerrende Schlagzeilen

In der „Krone“ vom 18. September 2016 ist die Schlagzeile zu finden: „Sozialhilfe-Bezieherin kassiert 5.200 €“. Einzelne Beispiele von Mindestsicherungsbezug zwischen € 3.300 und € 5.200 monatlich werden in diesem Artikel als Skandalfälle bezeichnet. Und auf den ersten Blick ist nachvollziehbar: Personen mit geringem Einkommen werden bei diesen hohen Beträgen erst einmal schlucken. Allerdings: Solche Beispiele sind ganz und gar nicht die Regel beim BMS-Bezug. Wenn diese Zahlen mit der nötigen Objektivität betrachtet werden, dann verpufft meiner Meinung nach das Skandalöse:

  • Die Höhe der Mindestsicherung mit Nettolöhnen zu vergleichen, ist verzerrt: Löhne und Gehälter werden 14 Mal ausgezahlt, Mindestsicherung nur 12 Mal;
  • Die Zahlen sind falsch: In diesen Beträgen ist durchwegs die Familienbeihilfe eingerechnet. Diese ist jedoch nicht Bestandteil der bedarfsorientierten Mindestsicherung, sie kommt aus dem Topf des Familienlastenausgleichsfonds, und wird auch für Familien, die keine Mindestsicherung beziehen, ausbezahlt.
  • Durch Arbeitslosen- und Pensionsversicherung haben die Arbeitenden eine bessere Absicherung ihres Lebensstandards im Fall von Arbeitslosigkeit und in der Pension.
  • Es handelt sich bei den zitierten Beispielen um Großfamilien von 7 oder mehr Personen. Nur ca. 3,7 % aller Haushalte, die Mindestsicherung beziehen,  haben 4 oder mehr Kinder. Die in der Schlagzeile zitierte Sozialhilfebezieherin hat 11 Kinder.  Solche Familiengrößen liegen im Promillebereich. Laut Statistik Austria (Jahresbericht zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung 2015) beträgt die durchschnittliche Höhe der Mindestsicherung (Lebensunterhalt und Wohnbedarf) pro Haushalt € 568 monatlich (OÖ: € 484).
  • Österreichweit beziehen nur 40 % (in OÖ 30 %) der Haushalte mit Mindestsicherung diese Leistung langfristig. Die durchschnittliche Bezugsdauer beträgt ca. 8 Monate (OÖ 7,5 Monate).

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Josef Pürmayr

Sozialplattform Oberösterreich

 

 

Sozialplattform

Die Sozialplattform ist ein regionales Netzwerk von Sozialeinrichtungen in ganz Oberösterreich, das 1985 gegründet wurde. 38 Vereine und gemeinnützige Unternehmen sind zurzeit Mitglied. Vernetzung, Service, Information und Vertretung für eine starke und aktive Sozialszene in OÖ. www.sozialplattform.at