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Tag der Arbeitslosen: „Und, was machst du?“

Eine der ersten Fragen, die wir einer neuen Bekanntschaft stellen. Unser Beruf sagt viel über uns aus – aber vieles auch nicht! ein Beitrag von Tatjana Schnell Klicken sie diesen Link, um den ganzen Beitrag zu lesen

Die alten Griechen und Römer waren der Meinung, Erwerbsarbeit sei vor allem Mühe und Last; sie verderbe sogar den Charakter. Als besonders verwerflich galt Arbeit, bei der es nicht um die Sache selbst, sondern den Gelderwerb ging. Unsere Sichtweise hat sich drastisch gewandelt. Wer nicht arbeitet, steht außen vor, gilt wenig oder erlebt sich selbst als minderwertig. Der Beruf eröffnet den Zugang zu Ressourcen. Er strukturiert unsere Zeit, gibt uns ein Gefühl der Orientierung, Bedeutsamkeit und Zugehörigkeit. Zumindest theoretisch. Denn immer mehr Menschen erscheint ihr tägliches Tun als sinnlos. Das Karussell des Immer-Mehr, Immer-Schneller, Immer-Besser dreht sich so schnell, dass wir nicht mehr über unser Tun reflektieren können. Wenn aber das Warum der beruflichen Tätigkeit verlorengeht, dann schwindet irgendwann auch die Motivation. Die Folgen sind erheblich, für Arbeitnehmende wie für Arbeitgebende. Dabei ist Arbeit, im Wortsinn verstanden, eine wichtige Sinnquelle: eine planvolle Tätigkeit, mit der man Ergebnisse bewirkt oder Produkte schafft. Das tun z.B. der ehrenamtliche Fußballtrainer, die Chorleiterin, der kinderbetreuende Großvater und die Gemeinschaftsgärtnerin. Im Vordergrund steht die Sache: Ich tue etwas, das ich wichtig und richtig finde. Wer so denkt, arbeitet engagiert, sorgfältig und qualitätsvoll.
Wir sollten wieder ‚zu uns kommen‘, um Bedeutungen zu klären, um weder persönliche Schicksale noch den Status der Nation von wirtschaftlichen Parametern abhängig zu machen. „Das Bruttosozialprodukt beschäftigt sich nicht mit der Gesundheit unserer Kinder, der Qualität ihrer Erziehung und Bildung, oder der Freude, die sie beim Spielen erleben. Es beinhaltet nicht die Schönheit unserer Poesie oder die Stärke unserer Ehen; die Intelligenz unserer öffentlichen Debatten oder die Integrität unserer Staatsbeamten. Es misst weder unseren Verstand noch unsere Courage; weder unsere Weisheit noch unsere Gelehrsamkeit; weder unser Mitgefühl noch unsere Hingabe für unser Land. Kurz gesagt: Es misst alles außer dem, was das Leben lebenswert macht.“ (Robert F. Kennedy)

Tatjana-0425Tatjana Schnell (Foto: Wendy A. Hern) ist assoziierte Professorin an der Universität Innsbruck. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich mit existentiellen Fragen und ihren Auswirkungen auf Individuen, Organisationen und Gesellschaft. Auf www.sinnforschung.org geben sie und ihr Team Einblicke in internationale Forschungsergebnisse.

Dieser Beitrag ist im RUNDBRIEF April 2016 erschienen. Der Rundbrief ist eine Monatszeitung mit sozialpolitischen Themen, Informationen aus der Sozialszene sowie aktuellen Veranstaltungs- und Fortbildungstipps, Herausgeberin ist die Sozialplattform OÖ.

Sozialplattform

Die Sozialplattform ist ein regionales Netzwerk von Sozialeinrichtungen in ganz Oberösterreich, das 1985 gegründet wurde. 38 Vereine und gemeinnützige Unternehmen sind zurzeit Mitglied. Vernetzung, Service, Information und Vertretung für eine starke und aktive Sozialszene in OÖ. www.sozialplattform.at