408.000 Kinder und Jugendliche in Österreich leben in Armut oder an der Armuts-Grenze. Sie sind von Geburt an benachteiligt und als Erwachsene häufiger arbeitslos und armuts-gefährdet.Das aktuelle Sozial-Barometer der Volkshilfe Österreich hat die negativen Folgen von Kinder- und Jugend-Armut untersucht.
ein Beitrag der Volkshilfe Österreich
Bild: © Zbyszek Nowak – Fotolia.com
Kinder, die in Armut aufwachsen, sind öfter krank, ihre emotionale und kognitive Entwicklung ist oft verzögert, sie erbringen schlechtere schulische Leistungen und besuchen seltener höhere Schulformen. Als Erwachsene sind sie häufiger arbeitslos und armutsgefährdet.
Freizeit
- Fast die Hälfte der Kinder aus der niedrigen Einkommensgruppe (unter der Armutsgefährdungsschwelle) üben aus finanziellen Gründen nur sporadisch Freizeitaktivitäten aus, die Geld
kosten. - Die Hälfte der Kinder aus der niedrigen Einkommensgruppe fährt aus finanziellen Gründen nicht auf Urlaub.
- 22% der armutsgefährdeten Kinder können keine FreundInnen zu sich einladen.
- 10% der armutsgefährdeten Kinder können an kostenpflichtigen Schulveranstaltungen nicht teilnehmen, eben so viele können es sich nicht leisten, Feste zu feiern (Geburtstag etc.).
Schule
Eine gute Bildung vermindert das Risiko in Armut zu geraten. Auf der anderen Seite beschränkt Armut die Möglichkeit, eine gute Bildung zu erreichen. Zahlreiche Studien belegen einen Zusammenhang von sozialem Status und Bildung der Eltern mit den Bildungschancen derer Kinder. Eindrücklich zeigt sich die Schwierigkeit der sozialen Mobilität in der EU-SILC Befragung 2015: die geplante Bildungskarriere für die Kinder korreliert mit dem Einkommen der Eltern: Nur 1/5 der Eltern mit Kindern mit mittlerem und niedrigem Einkommen planen einen Studienabschluss für ihre Kinder, bei Haushalten mit hohem Einkommen planen dies 54% der Eltern (Statistik Austria 2015). Aktuell gehen 54% der Kinder aus armutsgefährdeten Haushalten in die Hauptschule, nur 22% der Kinder aus Haushalten mit hohem Einkommen (Statistik Austria 2015).
Je weniger die Eltern verdienen, desto seltener wechseln Kinder nach der Volksschule auf ein Gymnasium. In den 1. Klassen der AHS stammen 40% der SchülerInnen aus Haushalten mit über 2.400 EUR Nettoeinkommen und nur 27% aus Haushalten mit unter 1.500 EUR (Bacher 2003).
Ein starker Zusammenhang zeigt sich auch zwischen der Bildung der Eltern und der Schulwahl: 75,8% der 15- bis 16-Jährigen mit mindestens einem Elternteil, der Matura oder einen höheren Bildungsabschluss hat, besuchen eine weiterführende Schule mit Matura. Haben beide Elternteile nur Pflichtschulabschluss, so sind es nur 22,9% (Bacher 2006). Für den Schulabschluss der Kinder zeigt sich in den neuen EU-SILC Zahlen, dass die Bildung der Mutter für Mädchen ausschlaggebend ist, für Buben, die Bildung des Vaters. Kinder mit Migrationshintergrund besuchen seltener eine weiterführende Schule als Kinder aus Familien mit österreichischer Staatsbürgerschaft (36,6% zu 54,25) (Bacher 2006).
Besonders deutlich zeigt sich die Auswirkung der Armutsgefährdung in der Frage der Zugänge zu kinderrelevanten und altersgerechten Büchern sowie in der Möglichkeit, bezahlte Nachhilfe im Bedarfsfall zu bekommen. Nachhilfeunterricht, Förderkurse und Unterstützung bei Legasthenie können sich fast die Hälfte aller armutsgefährdeten Haushalte für ihre Kinder aus finanziellen Gründen nicht leisten.
Gesundheit
Zahlreiche Studien zeigen, dass es einen engen Zusammenhang zwischen sozialem Status, also Einkommen, Bildung, Arbeit/Arbeitslosigkeit und Gesundheitsstatus gibt, sowohl was die körperliche Gesundheit als auch das seelische Wohlbefinden betrifft. In allen untersuchten Ländern, in reichen wie armen Gesellschaften, sind Kinder aus ärmeren Familien schlechter ernährt, verletzen sich häufiger, haben mehr Infektionskrankheiten und mehr Karies als ihre AltersgenossInnen aus wohlhabenden Familien. Eine groß angelegte Studie aus Deutschland kam zu dem Ergebnis, dass sich psychische Probleme mit 23% überdurchschnittlich oft bei Kindern aus Familien mit niedrigem sozialökonomischem Status finden, bei Kindern aus Familien mit hohen Einkommen sind es nur 8%. Deutlich sind die Unterschiede auch bei der Ernährung. Nur zwei Drittel der Kinder mit dem niedrigsten Sozialstatus werden gestillt, aber 90% der Kinder mit hohem sozialem Status. Und auch wenn sie älter werden, essen arme Kinder ungesünder. So leiden in der Altersgruppe der 11- bis 13-Jährigen weniger als vier von hundert Kindern mit hohem Sozialstatus unter krankhaftem Übergewicht, bei Gleichaltrigen mit dem niedrigsten Status sind es hingegen mehr als dreimal so viele. Essstörungen treten bei Jugendlichen aus einkommensschwachen Familien fast doppelt so oft auf wie bei Jugendlichen aus wohlhabenden Familien.
Die verfügbaren Daten für Österreich zeigen ebenfalls einen Zusammenhang zwischen dem sozialen Hintergrund und der Gesundheit. Der Gesundheitsstatus armutsgefährdeter Kinder ist gekennzeichnet durch eine deutlich erhöhte Unfallgefahr (Kinder aus einem sozial benachteiligten Elternhaus verunfallen bis zu 70% häufiger).
Außerdem häufen sich Komplikationen und die Krankheitsdauer bei akuten und chronischen Erkrankungen ist länger. Die Kinder verletzen sich öfter, ernähren sich ungesünder und bewegen sich weniger, woraus Zahnerkrankungen und Übergewicht folgen (Damm 2009). Kinder, die in Haushalten mit niedrigem Einkommen aufwachsen, können privat zu bezahlende, nötige Leistungen oft nicht in Anspruch nehmen. 33% aller Buben und 25% der Mädchen in diesen Haushalten, können z.B. privat zu bezahlende Leistungen der Zahnärztin bzw. des Zahnarztes oder Brillen und Kontaktlinsen in der Höhe von 200 Euro nicht aufbringen (Statistik Austria 2015).